Jede Ehe ist ein Vertrag – warum also nicht selbst die Regeln festlegen?

Der Moment, wenn bei einer standesamtlichen Hochzeit die Kugelschreiber gezückt werden. Man unterschreibt – feierlich, voller Emotionen – und denkt vermutlich an alles Mögliche, nur nicht daran, dass man gerade einen Vertrag eingeht.

Aber genau das passiert.

Denn was glaubt ihr denn, was diese Unterschrift vor dem Standesamt ist? Richtig – ein Ehevertrag.

Nur eben ohne eigene Regelungen.


Apropos unromantisch: Das Gesetz verlangt ein Vermögensverzeichnis – wer hat eins?

Viele denken, ein Ehevertrag sei unromantisch. Aber was das Gesetz vorschreibt, ist auch nicht gerade das, was man sich unter einem romantischen Start in die Ehe vorstellt.

Denn das Gesetz sieht vor, dass bei Beginn der Zugewinngemeinschaft ein »Verzeichnis der Vermögenswerte« erstellt wird.

Dieses Dokument dient dazu, das „Anfangsvermögen“ festzuhalten – denn nur mit diesem kann später der Zugewinn korrekt berechnet werden.

Jetzt mal ehrlich: Wer von euch hat so ein Verzeichnis samt Belegen angelegt?

Richtig – niemand.

Und genau das führt später zu Problemen. Denn ohne Nachweise über das Anfangsvermögen wird der gesamte Zugewinn angenommen – auch wenn es vielleicht vor der Ehe bereits Vermögen gab.


Warum das Wort „Ehevertrag“ eigentlich falsch verwendet wird

Viele sagen: „Wir haben keinen Ehevertrag.“ Doch das stimmt nicht. Jede Ehe hat einen Ehevertrag.

Denn mit der Unterschrift auf dem Standesamt akzeptiert man automatisch die gesetzlichen Regeln – und das bedeutet:

  • Die Ehe unterliegt den Standardbestimmungen des deutschen Familienrechts.
  • Ohne eigene Regelungen gilt die gesetzliche Zugewinngemeinschaft.
  • Alles, was während der Ehe an Vermögen hinzugewonnen wird, wird im Falle einer Scheidung hälftig geteilt.

Es gibt also keine Ehe ohne Ehevertrag – nur Ehen ohne individuell gestaltete Regelungen.

Und das kann fatale Konsequenzen haben, besonders für Unternehmerinnen und Unternehmer.


Warum ein fehlender Ehevertrag zu fatalen Konsequenzen führen kann

Ein Beispiel aus der Realität:

  • Eine Person gründet während der Ehe ein Unternehmen oder kauft sich ein.
  • Das Unternehmen wächst, macht Umsätze und gewinnt an Wert.
  • In zehn Jahren liegt der Unternehmenswert bei 10 Millionen Euro, die Gewinne jedoch nur bei etwa 75.000 euro pro Jahr.
  • Diese 10 Millionen Euro zählen jetzt aber vollständig zum Zugewinn.
  • Bei einer Scheidung bedeutet das: 5 Millionen Euro müssen an den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin ausgezahlt werden.

Das Problem?

  • Unternehmensbewertungen gehen sehr schnell in mehrere Millionen Euro, ohne Bezug zum Ertrag der Unternehmensanteile.
  • Dieses Geld existiert überhaupt nicht.
  • Der Unternehmenswert steckt in Maschinen, Verträgen, Kundenbeziehungen und Mitarbeitenden – nicht als frei verfügbares Kapital.
  • Das kann bedeuten:
    • Es müssen Kredite aufgenommen werden, um den Betrag auszuzahlen.
    • Unternehmensanteile müssen verkauft werden, um liquide Mittel zu schaffen.
    • Oder es beginnt eine extrem unangenehme Verhandlungsrunde, die den Fokus von allem anderen abzieht.
  • Die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer werden in einem solchen Fall in eine unschöne Verhandlungssituation gedrängt, bei der es letztlich nur noch ums Geld geht.
  • Und da es oft um Millionenbeträge geht, entstehen in solchen Fällen – mit wenigen Ausnahmen – echte Rosenkriege, in denen das Geld die Hauptrolle spielt.

Warum ein Ehevertrag für Unternehmerinnen und Unternehmer unverzichtbar ist

Mit einem gut gemachten Ehevertrag kann man einen Rosenkrieg verhindern.

  • Unternehmenswerte können vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden.
  • Oder besser: Es können realistische Ausgleichszahlungen vereinbart werden.
  • Man kann individuell und fair regeln, was für beide Seiten tragbar ist.

Es geht also nicht darum, den Partner oder die Partnerin zu benachteiligen – sondern darum, eine faire, sinnvolle Lösung zu finden.


Warum so viele das Thema verdrängen

„Daran will ich gar nicht denken, wenn ich heirate.“

Ja, klar. Niemand möchte sich beim Heiraten mit einer möglichen Trennung befassen. Aber genau darum ist es so wichtig, es zu tun. Denn:

  • Ein Ehevertrag wird dann geschlossen, wenn beide sich noch wertschätzen und fair miteinander umgehen.
  • Im Falle einer Scheidung geht es oft nur noch ums Geld – Emotionen stehen im Weg.
  • Ohne vorherige Regelung entscheiden Anwälte und Gerichte, nicht ihr selbst.

Jeder kennt jemanden, der eine unschöne Scheidung durchgemacht hat. Und wer das einmal miterlebt hat, wird beim nächsten Mal ganz sicher einen Ehevertrag machen.


Fazit: Ein Ehevertrag ist keine Absage an die Liebe – sondern ein Zeichen von Verantwortung

Wer heiratet, geht einen rechtlich bindenden Vertrag ein – mit oder ohne Ehevertrag. Die Frage ist nur, ob man die Regeln selbst gestaltet oder sie dem Gesetz überlässt.

Und besonders für Unternehmerinnen und Unternehmer kann ein fehlender Ehevertrag nicht nur eine persönliche, sondern auch eine geschäftliche Belastung werden.

Wer sein Unternehmen liebt und es schützen will, sollte nicht erst nach der Hochzeit darüber nachdenken.

Denn was ist unromantischer als ein Rechtsstreit?

Mein Appell: Es ist nie zu spät für klare Regelungen

Dieser Artikel soll nicht nur informieren, sondern auch motivieren. Wenn du beim Lesen gedacht hast: „Vielleicht wäre ein Ehevertrag doch sinnvoll gewesen“ – keine Sorge: Es ist nie zu spät.

Setzt euch zuhause einmal zusammen – auch wenn das Wort „Ehevertrag“ am Anfang wie ein rotes Tuch wirkt. Vielleicht hilft euch dieser Artikel, einfach mal grob zu schauen:

  • Was wäre, wenn wir uns trennen?
  • Würde eine Seite durch die gesetzliche Regelung unfair benachteiligt?

Es ist ein schweres Gespräch, keine Frage. Aber es ist eines, das langfristig Klarheit und Fairness schaffen kann.

Denn eines ist sicher: Die besten Entscheidungen trifft man gemeinsam – nicht erst, wenn es zu spät ist.


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