PULL-i: Mein Weg durch die Höhen und Tiefen des Unternehmertums

Bevor die Geschichte nächstes Jahr tatsächlich 20 (zwanzig!) Jahre her ist, hole ich sie noch mal raus. Sie beginnt also im Sommer 2004. Damals gab es das iPhone noch nicht. Es gab aber den wunderschönen iPod von Apple, für den ich jedoch keine angemessene Schutzhülle finden konnte. Es gab nur komische und meiner Meinung nach hässliche Plastik- oder Gummihüllen. Die Grundidee für Pull-i war geboren…

Einfach mal machen

Zusammen mit meiner damaligen Freundin, einer Designerin, begannen wir, den ersten Prototypen zu entwickeln. Ehrlich gesagt war bereits der erste Versuch das fertige Produkt.

Der nächste Schritt war ein Online-Shop, den ich an einem Wochenende eigenhändig auf die Beine stellte und online brachte. Ich habe einfach aus einem Foto des Prototypen mit Photoshop sieben verschiedene Farbmodelle erstellt. Ich durchforstete Suchmaschinen nach Presse-E-Mail-Adressen und verschickte eine Pressemitteilung. Und dann geschah das Unglaubliche: Mehrere Online-Magazine griffen die Pressemitteilung auf und berichteten über das neue Produkt. Über Nacht kamen hunderte Bestellungen herein. Ein Mix aus Euphorie und Stress erfasste mich, während ich versuchte, der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Gemeinsam mit Freunden und Familie verbrachte ich nächtelang damit, Filz zuzuschneiden und alles für den Versand vorzubereiten.

Die Nachfrage explodierte geradezu, und ich stand vor der Herausforderung, die Produktion zu skalieren. Zwei Nähereien in Schwabing wurden gekapert, um der wachsenden Nachfrage nachzukommen. Jeden Tag arbeiteten wir hart, um sicherzustellen, dass jedes Produkt den hohen Qualitätsansprüchen entspricht, die ich mir vorgestellt hatte.

Mein Bruder Christian übernimmt in Vollzeit die Produktionsleitung

Zufällig verlor nahezug zeitgleich mein Bruder unerwartet seinen Job, und ich erkannte eine Gelegenheit. Ich bot ihm an, die Produktion der Hüllen zu übernehmen. Er war begeistert von der Idee und stieg als Produktionsleiter ein. Die enge Zusammenarbeit mit meinem Bruder brachte frischen Wind in das Unternehmen und half uns, der steigenden Flut von Bestellungen standzuhalten.

Bald darauf erhielt ich meinen ersten großen Auftrag von einem Architekturbüro, das Pull-i als Werbegeschenk an seine Kunden verteilte. Gleichzeitig kamen Großaufträge von AOL und o2 hinzu, die jeweils mehr als 10.000 Stück für ihre Aussendungen bestellten. Diese Anerkennung bestärkte mich in meinem Vorhaben und zeigte mir, dass mein Produkt tatsächlich Anklang fand.

Tatsächlich nähten dann fast ein Jahr lang nahezu alle Nähereien in Schwabing und Maxvorstadt für Pull-i.

Mit den steigenden Bestellungen entschied ich mich, eine Werkstatt samt Lager in Schwabing anzumieten. Zusätzlich überzeugte mein Bruder eine größere Näherei in der Nähe unseres Lagers in Schwabing mehrere Wochen ausschließlich für uns zu nähen. Doch als die Bestellungen wöchentlich in die Tausende gingen, war eine Näherei nicht mehr ausreichend. Tatsächlich nähten dann fast ein Jahr lang nahezu alle Nähereien in Schwabing und Maxvorstadt für Pull-i.

Im Herbst 2006 war meine Filzhülle sogar im Playboy zu sehen!

Doch wie es im Unternehmertum oft der Fall ist, kamen auch Herausforderungen auf. Die Konkurrenz wuchs (trotz des angemeldeten Patents), und unerwartete finanzielle Engpässe traten auf. Es war an der Zeit, meine Strategie zu überdenken und mich den Realitäten des Geschäftslebens zu stellen.

Fehlkalkulation führt zum scheitern

Letztendlich brachte mich jedoch eine Fehlkalkulation an den Rand des Scheiterns. Anstatt Gewinne zu erzielen, zahlte ich etwa 1€ pro Hülle drauf. Es war eine schmerzhafte Erkenntnis, die ich erst spät erkannte. Ich musste akzeptieren, dass mein Geschäftsmodell nicht nachhaltig war und dass es an der Zeit war, neue Wege einzuschlagen. Der Preis wurde zuerst um 2€ und dann um 4€ pro Stück erhöht.

„Mein Exit“

Schließlich traf ich 2008 die Entscheidung, Pull-i zu verkaufen. Es war eine Mischung aus Wehmut und Aufregung, als ich mein Unternehmen und die Idee, die ich von Grund auf aufgebaut hatte, weitergab. Doch ich wusste, dass es an der Zeit war, neue Abenteuer zu erleben und neue Ziele zu verfolgen. Mein erster Exit! Der Verkaufserlös konnte damals jedoch gerade so alle Ausgaben decken.

Meine Reise mit Pull-i war für mich mehr als nur ein unternehmerisches Unterfangen. Sie war für mich kostbarer als so manches BWL-Studium.


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