Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Warum Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle fördern sollten

Hand aufs Herz: Wer bleibt bei euch zu Hause, wenn ein Kind krank ist oder die Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas streiken? Laut Statistik müsste es in drei Viertel der Fälle die Frau sein*  

Die klassische Rollenverteilung benachteiligt Frauen im Beruf immer noch  

Auch im Jahr 2023 ist die klassische Situation noch die, dass ein Elternteil – in der Regel die Frau – halbtags arbeitet und der andere – in der Regel der Mann – Vollzeit. Wird ein Kind krank, bleibt die Frau zu Hause und meldet sich Kind krank, weil sie eh Teilzeit arbeitet bzw. den (für das Familieneinkommen) vermeintlich unwichtigeren Job hat. Man kann es auch geschlechtsneutral formulieren: in Partnerschaften arbeitet in der Regel die Person mit dem höheren Gehalt Vollzeit und die mit dem niedrigeren Teilzeit. Dabei ist unter der Annahme, dass Teilzeitarbeitende produktiver sind, ein Tag, an dem sie nicht arbeiten, ein größerer Verlust für die Arbeitgeberin im Vergleich zu einer Vollzeitkraft. Denn bei Stundenreduktion wird oft die gleiche Arbeit geleistet – für weniger Geld. 

Moderne Arbeitgeber ziehen den Kürzeren  

Als moderner Arbeitgeber ziehen wir bei Nextwork in diesen Situationen den Kürzeren: der Elternteil, der bei uns arbeitet, kümmert sich ums Kind. Weil wir es ermöglichen. Weil bei uns Mitarbeitende, die sich um ihre Familie kümmern, keine Nachteile befürchten müssen. 

Die klassische Rollenverteilung setzt eine Spirale in Gang: Frauen bleiben öfter wegen eines kranken Kindes zu Hause und gelten deshalb als unzuverlässiger. Sie werden seltener befördert, verdienen weniger Geld als ihre männlichen Kollegen und sind in der Folge oft finanziell abhängig – trotz gleicher Arbeit! In Deutschland beträgt der Gender Pay Gap 18 Prozent. Bis zum 7. März dieses Jahres arbeiteten Frauen sozusagen unbezahlt. Erst danach fangen sie an, Geld zu verdienen – Männer seit Anfang des Jahres. Zumindest rechnerisch gesehen. 

Heute holen meine Frau und ich nach, was wir vor 17 Jahren versäumt haben 

Ich persönlich hätte rückblickend und mit dem Wissen von heute anders gehandelt. Das macht mich heute auch traurig. Als Arbeitgeber habe ich glücklicherweise die Gelegenheit zumindest anderen das zu ermöglichen, was vor knapp 17 Jahren noch kein Thema war. Meine Frau und ich hatten es damals einfach nicht auf dem Schirm und vor allem für meinen Arbeitgeber war es undenkbar, dass ich als Mann zu Hause bleibe und mich um Kinder und Haushalt kümmere.  

Auch Jugendliche brauchen ihre Eltern. Und so holen meine Frau und ich ein bisschen was von dem nach, was wir als junge Familie versäumt haben:

  1. Wir sind beide viel zuhause. Anders als damals bin heute auch ich viel präsenter: nicht nur morgens, sondern vor allem am Nachmittag, wenn die Kids aus der Schule kommen. Es ist wirklich toll was hier für ein Austausch – mit Jugendlichen! – zustande kommt. Das ist am abends, wo das Abendessen die Hauptrolle spielt doch ganz anders. Insbesondere wenn ich es wie früher gerade so geschafft habe, pünktlich da zu sein.
  2. Unsere Termine planen wir so, dass grundsätzlich immer nur eine:r von uns einen wichtigen Termin hat oder verreist. So ist immer klar, wer einspringt, wenn etwas Unvorhergesehenes ist. 

In der Rolle des Arbeitgebers ist es mir heute wichtig, zu zeigen, dass sich Familie und Beruf ohne Einschränkungen und Nachteile vereinbaren lassen. Aus meiner Sicht bringt das nicht nur Vorteile für meine Mitarbeitenden, sondern auch für Nextwork als Unternehmen. Bei meinen Mitarbeitenden zu sehen, wie sich die Einstellung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf verändert hat und wie vielfältig Care Arbeit aufgeteilt werden kann, empfinde ich als Bereicherung.  

Wir befragen unsere Mitarbeitenden regelmäßig. Angeregt aus dem Blogpost Wie Arbeit etwas sein kann, das uns stärkt – statt uns auszulaugen haben wir gefragt, ob sie gerne in Teilzeit arbeiten würden. Die Antwortmöglichkeit Nein, das würde mich auf meinem Weg bei Nextwork ausbremsen hat niemand angekreuzt. Das macht mich stolz, denn in anderen Unternehmen wäre das Ergebnis sehr wahrscheinlich anders. Aus meiner Sicht gibt es keinen wirtschaftlichen Grund, das nicht anzubieten. Ich sehe in Teilzeit-Modellen sogar nur Vorteile.  

Vereinbarkeit ist kein Selbstläufer – es braucht uns alle dafür! 

Liebe Arbeitgebende und Unternehmer:innen, bietet flexible Arbeitszeiten, wenn nur irgend möglich, gebt Mitarbeitenden in Teilzeit die gleichen Karriereoptionen und Weiterbildungsmöglichkeiten wie euren Vollzeitkräften und befördert nicht nach (physischer) Anwesenheit und (ständiger) Verfügbarkeit – denn eigentlich wisst ihr es ja: das ist nicht gleichbedeutend mit Leistung.  

Liebe Väter, kümmert euch um eure Kinder – auch, aber nicht nur, wenn sie krank sind, habt Termine im Kopf und nehmt euch der Hausarbeit an. Kurz: lebt Gleichberechtigung vor. Denn das, was eure Kinder jeden Tag sehen und erleben ist das, was ihr in die nächste Generation tragt.

Liebe Mütter, auch bei euch ist ein Umdenken gefragt. Für viele Mütter ist es gar nicht einfach abzugeben und dem Vater die volle Verantwortung zu geben. Das ist im Prinzip das gleiche was auch Manager:innen im Job oft nicht gut machen: Verantwortung abgeben können.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kein Selbstläufer – unabhängig vom Geschlecht. Sie darf nicht an einer Person – in der Regel ist es die Frau – hängen. Aber auch nicht an dem Elternteil, das im familienfreundlicheren Unternehmen arbeitet. 

* Eine Analyse der Barmer ergab, dass 2022 Frauen an rund 964.000 Tagen (73 Prozent) und Männer etwa 351.000 Tage (27 Prozent) Kinderkrankengeld in Anspruch genommen haben, siehe: https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/kinderkrankengeld-1125586 


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